Judith Thiel-Benz
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Rezension

 Hallo Judith,
 
puhhhh es ist mitten in der Nacht und ich lese gerne und viel, dennoch ist
es mir erst 2 x passiert, dass ich ein Buch auf einen Rutsch lese.
Witzigerweise war eines der beiden Bücher,  der "Traumfänger" das zweite Buch
war "Wenn ich Ihn hassen dürfte, könnte ich leben".
Es war so fesselnd, so tief, so schmerzhaft, so irrsinnig, dass ich mich
Deiner Zeilen einfach nicht entreissen konnte.
Irgendwann in der Mitte des Buches dachte ich: "scheiße, warum war sie
damals nicht meine allerbeste Freundin, warum haben wir uns so wenig
gekannt".
Später dachte ich, wenn ich auch anfangs dachte ich könnte es: "keiner
hätte Dir besser aus dem Schlammassel helfen können, als Canada (Auszeit),
Dein Mann und natürlich Dein wahnsinnig starkes Ich".
Eigentlich fehlen mir die Worte, aber das wäre für ein Feedback recht
mager und eigentlich möchte ich Dir ja auch viel lieber sagen wie wahnsinnig
bewundernswert Du bist. Ich kenne wenige Menschen auf dieser Welt, die so
wahnsinnig mutig sind wie Du. Genial, finde ich dabei, dass Du auf alle
Fragen, die sich zwangsläufig beim Lesen ergeben, eine detailierte Antwort
lieferst. Ich bin mit diesem Thema zum Glück noch nie persönlich
konfrontiert worden, ich habe mich einzig und allein dafür interessiert, weil das
Buch aus Deiner Feder stammt. Wohl weislich schockiert darüber, dass es aus
Deinen Erfahrungen entsprungen ist.
Natürlich tun sich nun auch tausend Fragen in mir auf.
Wie ist nach der Veröffentlichung des Buches, das Verhältnis zu Deinen
Eltern?
Wie hat Dein Papa reagiert?
Wass sagt Matthias zu dem Ganzen?

Liebe Judith, ich finde es großartig, dass Du mit der Veröffentlichung
Deines Buches ein großes Tabu gebrochen hast, bin mir ganz sicher, dass du
mit Deinen Zeilen einer Menge Betroffener helfen kannst, gebe die Hoffnung
nicht auf, dass durch Dich so mancher Täter sein Päckchen noch zu
Lebzeiten tragen muß und sich nicht wie Dein Opa ungestraft davon stehlen kann.
Einziges Kriterium ist der Titel, selbst da schützt Du Ihn noch. Meiner
Meinung nach, müßte der Titel  ohne mir nun genau den Kopf zu zerbrechen
und ganz spontan irgendwie so ähnlich heißen wie: Seit ich abgerechnet
hab, kann ich leben.
Mit dem Hass ist es zwar immer so eine Sache und eigentlich bin ich auch
immer eher für Vergebung, aber wer es sich anmaßt eine Kinderseele in
diesem Ausmaß zu zerstören und einem gleichzeitig auch noch die Verantwortung
für die ganze Kreueltat aufzuerlegen, hat es wahrhaft verdient gehasst zu
werden.
Trotzdem hoffe ich, dass er seinen Seelenfrieden findet, dass Du aus der
Kraft Deiner Kinder schöpfen kannst, dass Du weiterhin so einen lieben Mann
an Deiner Seite hast und dass Du niewieder wegen Deinem Großvater, der
Dir so viel Schmerzen bereitet hat, soweit zurückfällst, Dich dafür zu
bestrafen. Du bist das nicht wert, Du bist viel zu intelligent um Dich von so
einem durch Dein Leben dirigieren zu lassen.
Ich drücke Dir ganz fest die Daumen, standhaft zu bleiben, Judith so
jemanden wie Dich braucht es, jemand mit genau diesem Talent, so schwer
begreifbares greifbar/lesbar zu machen. Ich bin mir sicher, dass Du vielen
Menschen genau damit helfen kannst. Alleine dafür lohnt es sich doch zu Leben.
Auch wenn Du es wieder bist der hilft anstatt Hilfe zu bekommen.
Bleib auf Deinem Weg und wenn er sich tausendmal gabelt, wirst Du immer
auf Deinem und auf dem richtigen Weg bleiben.

In diesem Sinne, frohe Festtage

und alles Gute für Dich/Euch
 
Deine Cathrin     (Sonntag, den 11.12.2011)

Ein außergewöhnlicher Bericht - 03.06.2010

Kathrin Hamann

Ein großes Lob an die Autorin, so mutig zu berichten, ist nicht immer leicht. Es ist schon erschreckend, wie nur kleine Vorkomnisse in der Kindheit das restliche Leben prägen. Die Autorin ist sehr ehrlich und verarbeitet etappenweise ihre Erlebnisse. Die Schwierigkeit im Alltag wird deutlich durch die vielen Rückfälle in Depression und Mutlosigkeit. Der Bericht ist aber dennoch nicht entmutigend, sondern spendet Hoffnung und zeigt, dass mit der richtigen Unterstützung selbst unlösbar scheinende Probleme bewältigt werden können.

 

 

 

 

Thiel-Benz, Judith (2009). Wenn ich ihn hassen dürfte, könnte ich leben. Neckenmarkt. Novum Verlag. ISBN 978-3-85022-699-8
 
Missbrauchte Kinder geben vielfältige Signale: Sie haben Essstörungen, nehmen Drogen, missbrauchen Medikamente, sie zeigen übertriebenen Ehrgeiz und neigen zu Perfektionismus. Sie fühlen sich in ihrem eigenen Körper nicht zuhause, sie haben Probleme mit ihrer Sexualität, sie sind anhänglich und können körperliche Nähe nicht wirklich ertragen. Sie sind latent und offen suizidal. Sie können ihre inneren Konflikte nicht anders ausdrücken. Selbst wenn sie es aussprechen, dass sie von jemandem aus ihrer Familie missbraucht worden sind, glaubt man ihnen nicht, tut das ab, fordert sie auf, den Mund zu halten, hält sie für Nestbeschmutzer oder erklärt sie im Extremfall für verrückt. Die soziale Funktion des Täters, die Familie, das Geschäft, der Schein von Normalität und Anständigkeit – all das ist viel wichtiger als das Leid des Kindes. Auch sonst mag es in der Gesellschaft kaum jemand glauben, dass die Krankheits- und Verhaltenssymptome, die Betroffene auch nach Jahrzehnten noch zeigen, die eher schlimmer als besser werden, etwas mit dem sexuellen Missbrauch in der Kindheit zu tun haben.
Das Schlimmste am innerfamiliären sexuellen Missbrauch ist der Vertrauensmissbrauch der Eltern am Kind, weil er die der Beziehungsfähigkeit eines Menschen grundlegend verstört. Das Kind vertraut seinen Eltern. Wenn es diesen nicht vertrauen kann, wem soll es sonst vertrauen? Wen soll es sonst lieben als diejenigen, die es seelisch verraten und körperlich missbrauchen? Aus dieser Falle kommen missbrauchte Kinder ohne therapeutische Hilfe nicht heraus. Viele versuchen es, indem sie ihr Trauma verdeckt ausleben, in der Literatur, in der Kunst, im Schauspiel oder in der Musik. Dass sie dafür bewundert werden und vielleicht sogar zu Weltruhm gelangen, hilft ihrer zutiefst verstörten Seele wenig. Michael Jackson ist dafür ein Beispiel.
          Judith Thiel-Benz geht einen anderen Weg. Sie nutzt das Buch, um sich die Last des sexuellen Missbrauchs von ihrer Seele zu schreiben. Sie hat zwar lange gebraucht, um offen über ihren Missbrauch durch ihren Großvater sprechen zu können, sie tut es dann mit großer Konsequenz und Eindeutigkeit. Ihre Leidenssymptome sind klassisch (Bulimie, Ritzen, leistungsmäßig gut Funktionieren ...), das familiäre Szenario für ihren Missbrauch ebenso: Eine Mutter, die selbst schon von ihrem Vater missbraucht wurde. Eine Großmutter, die beim Missbrauch konsequent wegsieht – „im Garten Unkraut jätet“. Eine Mutter, die ihre Tochter anhält, zu schweigen und zu vergessen, als sie ihr vom Missbrauch erzählt, weil sie selbst keinen besseren Weg für sich gefunden hat, mit ihrem eigenen Missbrauch umzugehen. Ein Vater, der emotional nicht in Erscheinung tritt. Ein Großvater, dessen Ansehen und sozialer Wert in der Familie viel höher steht als der soziale Wert seiner zahlreichen Missbrauchsopfer.
          Judith Thiel-Benz beschreibt den Teufelskreis ihrer Selbstverletzungen, ihrer bulimischen Fressattacken und Kotzereien im Detail so eindringlich, dass einem beim Lesen diese schier endlose Quälerei sehr nahe kommt. Sie erzählt über ihre Erfahrungen mit ambulanten und stationären Therapie- und Beratungsangeboten, die wenig bis gar keine Ahnung von der Dynamik sexuellen Missbrauchs haben. Fast möchte man das Buch schon frustriert zur Seite legen. Glücklicherweise wendet sich jedoch am Ende das Blatt. Ihre Briefe an sich selbst – ich deute das als die Gedanken ihres gesunden Anteils, der sich damit direkt an ihre traumatisierten Anteile wendet – sind Dokumente höchster geistiger Klarheit, die jedem Menschen mit Missbrauchserfahrungen helfen könnten, illusionsfrei und selbstbewusst zu werden. Ein lesenswertes Buch daher für Betroffene wie Professionelle, die Menschen mit sexuellen Missbrauchserfahrungen Unterstützungen anbieten möchten, die weiterhelfen.
 

München, 30. Juni 2009                         Prof. Dr. Franz Ruppert

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